Kurzfazit vorab
- Großhandelspreise für Strom werden laut mehreren Marktindikatoren und Prognosen tendenziell weiter sinken bzw. sich auf einem deutlich niedrigeren Niveau als 2022/2023 stabilisieren. Erwartungswerte bewegen sich (je nach Quelle und Zeitpunkt) grob im Bereich ~74–85 €/MWh für 2026/2027. Das entspricht etwa 7,4–8,5 ct/kWh auf der Großhandelsebene, vor Netzentgelten, Steuern, Umlagen und Vertrieb.
- Netzentgelte: Für 2026 plant die Bundesregierung eine spürbare Entlastung bei den Übertragungsnetzentgelten, die Haushalte im Schnitt um bis zu ca. 150 € pro Jahr entlasten kann; insgesamt sind rund 10 Mrd. € Entlastungsvolumen avisiert. Regionale Unterschiede bleiben.
- CO₂-Preis (nEHS) auf Wärme/Verkehr verteuert fossile Energieträger: 2026 marktbasiert im Korridor 55–65 €/t, ab 2027 Übergang in das EU-weite System (ETS 2). Für Stromkunden wirkt das indirekt über Brennstoffkosten gasbasierter Kraftwerke.
- Unterm Strich: Für Haushalte sind leicht sinkende bis stabile Endkundenpreise wahrscheinlicher als starke Anstiege – mit weiter großen regionalen und tariflichen Unterschieden (Laufzeiten, Fix- vs. Dynamiktarife).
Wo stehen wir Ende 2025?
Nach dem Energiepreisschock 2022/2023 sind die Spot- und Terminpreise für Strom 2024/2025 deutlich gefallen. Das ist ein wesentlicher Vorbote für moderatere Endkundenpreise – die allerdings träge reagieren, weil Lieferanten gemischte Beschaffungsstrategien fahren (Hedging über mehrere Quartale/Jahre).
Parallel dazu laufen politische und regulatorische Weichenstellungen:
- Entlastung bei Netzentgelten ab 2026 (Bundeszuschuss/Neuverteilung), damit Regionen mit viel Netzausbau nicht überproportional zahlen.
- Strukturelle Reformvorschläge (u. a. Agora Energiewende) zielen darauf, den Zuschussbedarf in den 2030ern deutlich zu senken und die Netzkosten nachhaltiger zu stabilisieren.
- Die Senkung der Stromsteuer für Haushalte ist politisch umstritten bzw. (Stand Spätsommer 2025) nicht beschlossen; Entlastungen fokussieren derzeit eher Industrie und Netzentgelte.
Treiber der Strompreise 2026/2027
1) Großhandelsmarkt (Energy-only-Preis)
Mehrere Markt- und Medienberichte zeigen für 2026/2027 Rückgänge bzw. konsolidierte Großhandelspreise (z. B. um ~79,5 €/MWh in 2026 und ~73–80 €/MWh in 2027 – je nach Quelle). Diese Einschätzungen speisen sich u. a. aus normalisierten Gaspreisen, steigender EE-Erzeugung und geringerer Krisenprämie.
2) Netzentgelte
Die Netzentgelte machen rund ein Viertel bis knapp ein Drittel des Haushaltsstrompreises aus. Für 2026 ist eine Absenkung/Entlastung geplant; im Mittel könnte das bis ~150 € pro Haushalt sparen – genaue Wirkung hängt vom Netzgebiet ab.
3) Steuern, Umlagen, Stromsteuer
- EEG-Umlage bleibt abgeschafft (0,00 ct/kWh), positiv für Endpreise.
- Stromsteuer: Eine umfassende Absenkung für alle Verbraucher ist (Stand 09/2025) nicht beschlossen; Debatte läuft.
4) CO₂-Kosten & Brennstoffe
- nEHS (nationaler Emissionshandel): 2026 55–65 €/t, ab 2027 Übergang in das ETS 2. Das betrifft Wärme/Verkehr direkt, Strom nur indirekt über Gaskraftwerke (Merit-Order).
- EU-ETS für Stromsektor bleibt Preisfaktor für fossile Kraftwerke.
5) Ausbau der Erneuerbaren & Flexibilität
Mehr Wind- und Solarstrom senkt langfristig Grenzkostenstunden, erhöht aber Bedarf an Flexibilität (Speicher, flexible Lasten). Netzentgelt-Reformen sollen die Kosten fairer verteilen.
Was heißt das in Euro pro kWh für Haushalte?
Wichtiger Hinweis: Der Endkundenpreis setzt sich aus Energie (Großhandelsanteil) + Netzentgelte + Messstellenbetrieb + Konzessionsabgabe + Stromsteuer + MwSt. + Vertrieb/Marge zusammen. Ein Rückgang im Großhandel von z. B. 10 €/MWh (1 ct/kWh) schlägt nicht 1:1 beim Endkunden durch.
Auf Basis der heute sichtbaren Weichenstellungen und Marktdaten lassen sich für Standard-Haushaltstarife (Neuverträge, 12-Monate-Fix) grobe Bandbreiten ableiten:
- Basisszenario 2026:
29–35 ct/kWh (leicht unter/auf Höhe 2024/25-Neuverträge, abhängig von Netzgebiet und Anbieterwechsel).
Begründung: niedrigere Großhandelspreise, Entlastung bei Netzentgelten, aber keine große Stromsteuersenkung für Haushalte. - Vorsichtig-optimistisch 2027:
27–33 ct/kWh (weitere leichte Entspannung möglich), sofern keine neue Gas-/Kern- oder Netzkrise und der EE-Zubau planmäßig-hoch bleibt. - Risikoszenario:
>35 ct/kWh, falls Gaspreise wieder anziehen, CO₂-Preise stärker steigen, oder Netz-/Kapazitätsthemen (z. B. schwache Witterung, Verzögerungen bei Netzausbau) Druck machen.
Regionale Unterschiede bleiben – warum?
- Netzentgelte variieren nach Netzgebiet; 2026-Entlastung hilft, gleicht aber nicht alles aus.
- Kommunale Abgaben/Konzessionsabgabe, Messstellenbetrieb und Lieferantenmargen unterscheiden sich.
- Tariftyp (Grundversorgung vs. Sondervertrag, Fix vs. dynamisch) und Nutzungsprofil (z. B. Wärmepumpe, E-Auto, PV) prägen den Effekt.
Dynamik 2026/2027: Was könnte zusätzlich Druck rausnehmen?
- Bundeszuschuss Netzentgelte wirkt (2026 startend) direkt auf einen großen Kostenblock.
- Weiterer EE-Zubau senkt die Anzahl teurer Grenzkostenstunden.
- Normalisierte Brennstoffpreise (v. a. Gas) reduzieren die Merit-Order-Spitzen.
- Strukturelle Reformen bei den Netzkosten könnten in den 2030ern den Zuschussbedarf weiter verringern – Planungssicherheit wächst.
Faktoren, die Gegenwind bedeuten könnten
- CO₂-Kostenrisiko: ETS/ETS 2-Preise können schwanken; höhere Preise verteuern fossile Erzeugung.
- Wetterextreme: Trockenheit/Schwachwindphasen erhöhen den Bedarf an fossiler Erzeugung.
- Netzengpässe/Redispatch: Verzögerter Netzausbau kann Kosten treiben.
- Geopolitik: Gasmarkt bleibt sensibel.
- Industrie-Regelungen in Neuordnung – Änderungen können Verteilwirkungen auslösen.
Praxis: Was Haushalte und kleine Betriebe jetzt tun können
- Tarifhygiene: Vertrag prüfen, Laufzeit vs. Flexibilität abwägen. Bei fallenden Großhandelspreisen lohnt oft der Anbieterwechsel bzw. eine kürzere Bindung.
- Dynamiktarife (mit Smart Meter) passen für flexible Verbraucher (z. B. E-Auto/Wärmepumpe), bergen aber Preisvolatilität.
- Last verlagern: Waschmaschine/Trockner in Niedrigtarif-Fenster legen.
- Eigenversorgung: PV + Speicher weiterdenken; Eigenverbrauch senkt Netz- und Steueranteile anteilig mit.
- Effizienzmaßnahmen: LED, dichte Kühlgeräte, Standby-Killer, smarte Thermostate – klassische „Low-Hanging Fruits“.
FAQ zur Strompreisentwicklung 2026/2027
Werden die Strompreise 2026 sicher sinken?
Sicher nicht – aber vieles spricht für eine Entspannung: niedrigere Großhandelspreise und eine Entlastung bei Netzentgelten ab 2026.
Wie groß ist der Anteil der Netzentgelte am Endpreis?
Im Bundesschnitt rund 28 % (ca. 11 ct/kWh), stark regional unterschiedlich.
Welche Rolle spielt der CO₂-Preis?
Direkt vor allem für Wärme/Verkehr (nEHS), indirekt über Brennstoffkosten gasbasierter Stromerzeugung. 2026 55–65 €/t, ab 2027 ETS 2.
Gibt es eine Stromsteuersenkung für alle Haushalte?
Stand Ende August/Anfang September 2025 nicht beschlossen. Die aktuelle Linie setzt eher auf Netzentgelt-Entlastung.
Ausblick
Wenn keine neuen Schocks eintreten, ist 2026/2027 eine Phase der Normalisierung mit leicht sinkenden oder stabilen Haushaltsstrompreisen wahrscheinlich. Der größte Hebel 2026 ist die Entlastung bei den Netzentgelten; langfristig wirken EE-Zubau, Netzausbau und CO₂-Preissignale. Für Verbraucher heißt das: Tarife vergleichen, Bindungen clever wählen und Effizienz/Eigenverbrauch konsequent angehen.
Quellen
- Bundesregierung: Niedrigere Netzentgelte 2026 – Entlastung um rund 10 Mrd. €/Jahr; Ø bis zu 150 € je Haushalt
- Strom-Report: Netzentgelte – Anteil, Höhe, 2026-Perspektive
- DEHSt/BMWK/Infoportale: nEHS 2026 (55–65 €/t) und ETS 2 ab 2027
- Marktindikationen/Prognosen: Großhandelsstrom 2026/2027 (Rückgangstendenzen)
- TradingEconomics: Spotpreistrend 2025 (Rückgänge ggü. Jahresbeginn)
- Handelsblatt/t-online: Debatte Stromsteuer vs. Netzentgelt-Zuschuss
- Agora Energiewende (Studie, 07/2025): Strukturelle Reformpfade für Netzentgelte bis in die 2030er